Pandemie in Indien


Die offiziellen Daten der infizierten und am Virus verstorbenen Menschen in Indien sind vergleichsweise gut.
Im Vergleich zu Baden-Württemberg:

– Infizierte:   1,7% / 4,2% der Bevölkerung

– Tote:   1,1% / 2,0% der Infizierten

Wenn man die aktuelle Situation aber hört und liest, sehen die Fakten ganz anders aus. Die offensichtlich sehr hohe Dunkelziffer und die Dynamik sind mehr als Besorgnis erregend. Die Zahl der Infizierten einerseits und die medizinischen Möglichkeiten und Kapazitäten (Personal, Betten, Sauerstoff, …)  andererseits alles andere als zumindest einigermaßen ausgewogen. Ganz andere Problem machen die Toten. Die Bestatter (Beerdigung, Verbrennung) sind total überfordert und können ihren Aufgaben bei weitem nicht nachkommen. Viele Hinterbliebene wissen nicht was sie mit den Leichen machen sollen und übergeben sie in der Not einem Fluss. Unfassbare Zustände, die für uns hier absolut fremd sind. Darüber sollten wir froh und dankbar sein!

Einige aus den Kreisen unserer Patenkinder mit ihren Eltern und Geschwistern haben sich mit dem Coronavirus infiziert, sind momentan aber alle wieder gesund. Ein paar wenige Omas bzw. Opas sind leider verstorben. Unsere Partnerinnen von den Schwestern des Sancta Theresa und Jesus Mary Joseph Ordens sind gesund, ein paar haben die Krankheit zuhause oder im Krankenhaus überstanden.

Leider bekam ich letzten Samstag aber auch eine sehr traurige Nachricht. Pragnan ist im Alter von nur 32 Jahren verstorben. Er hinterlässt eine Frau, die er erst im Oktober 2019 geheiratet hat, und einen Sohn, der noch nicht mal ein Monat alt ist. Pragnan lag im Krankenhaus und wurde mit Sauerstoff versorgt – und doch hat er den Kampf mit dem Virus verloren. Seine Frau ist ebenfalls infiziert und bekommt im Krankenhaus auch Sauerstoff. Ihr Zustand ist ebenfalls kritisch und man hat ihr deshalb noch nichts vom Tod ihres Mannes gesagt.

Pragnan hat zwei unserer Patenmädels in Anantapur betreut. Er war sozial sehr engagiert, hat sehr gut Keyboard gespielt und unzählige Messen musikalisch umrahmt. Seine Eltern haben diese Einstellung ihren Kindern mit auf den Weg gegeben und selbst vorgelebt. Bei meinem letzten Besuch im Februar 2020 hat Pragnans Vater gehört, dass ich allein mit dem Taxi zum Flughafen in Bengaluru fahren möchte. Dies kam für ihn nicht in Frage und er hat mich ganz spontan begleitet. Für ihn immerhin eine Fahrt mit 7 bis 8 Stunden!

Mit Pragnan verlieren insbesondere Fr. Joseph Thota und unsere beiden Patenmädels einen guten, fürsorglich Freund, aber auch ich bin sehr traurig über seinen so frühen Tod. Ich hoffe, seine Frau kann das Krankenhaus bald und völlig gesund verlassen und sich um ihr Baby kümmern.

Reiner Schmid